Innovation
Kooperative Denk- und Arbeitsweise mit dem Kunden im Fokus entscheidend für preisgekrönte Beschichtung ES302 von Timken
Gegen Ende der 2000er Jahre wurden Windkraftanlagen in den Vereinigten Staaten mit einem Problem konfrontiert. Die in den späten 1990er oder frühen 2000er Jahren installierten Windräder – ausgelegt für eine Stromproduktion von 20 Jahren – mussten unbedingt generalüberholt werden.
Die Hauptwellenlager und Getriebelager der Windturbinen zeigten relativ zur erwarteten Lebensdauer vorzeitige Lagerschäden. Die je Ausfall erforderliche Aufarbeitung und Nachrüstung zur Behebung der Probleme verursachte Kosten in Höhe von bis zu 300.000 USD bzw. geschätzten 1,2 Mio. USD über die gesamte Lebensdauer der Windturbine.
Zu etwa derselben Zeit hatte ein Forschungs- und Entwicklungsteam von Timken die Produktionsreife für ein Plasma-Beschichtungsverfahrens für Wälzlager erreicht, das seit Ende der 90er Jahre in Arbeit war. „Als wir mit unserer Forschung zum Einfluss von Beschichtungen auf die tribologische Performance von Wälzlagern anfingen, waren wir echte Pioniere“, sagt Ryan Evans, der als Student der chemischen Verfahrenstechnik dem Team beitrat und derzeit als Direktor für Forschung und Entwicklung von Wälzlagern tätig ist.
„Die Stahloberflächen in einem Lager sollten sich niemals berühren“, sagt er. Eine große Herausforderung – denn bei näherer Betrachtung eines Wälzlagers werden Rollen ersichtlich, die sich in einem engen Raum bewegen. Genau das ist aber der Grund für die Schmierung, damit zwischen den Rollkörpern und der Innenringlaufbahn stets ein Schmierfilm vorhanden ist.
Den Schmierfilm konstant aufrecht zu erhalten, ist jedoch nicht einfach. Ältere Windkraftanlagen beispielsweise verfügen häufig über zweireihige Pendelrollenlager an der Hauptwelle, die eine radiale Lagerkraft und eine Axialbelastung durch den Wind nur auf der windabgewandten Rollenreihe aufnehmen müssen. Beim Verschleiß des Lagers aufgrund dieser ungleichmäßigen Druckverteilung werden die axialen Durchbiegungslasten zunehmend auf die Getriebelager übertragen. Eine ausreichende Lagerschmierung zur Vermeidung von Schäden ist bei diesen anspruchsvollen Belastungsbedingungen eine echte Herausforderung für Windenergie-Unternehmen.
Gegen Ende der 2000er Jahre wurden an den Rollenlagern für die Lagerstellen der Hauptwelle und des Getriebes von Windkraftanlagen vorzeitige Schäden beobachtet. Die erforderliche Aufarbeitung und Nachrüstung verursachte Kosten bis zu 300.000 USD pro Anlage.
Gegen Ende der 2000er Jahre wurden an den Rollenlagern für die Lagerstellen der Hauptwelle und des Getriebes von Windkraftanlagen vorzeitige Schäden beobachtet. Die erforderliche Aufarbeitung und Nachrüstung verursachte Kosten bis zu 300.000 USD pro Anlage.
Lösung des Problems: Stahl-auf-Stahl-Kontakt
Das Problem des Stahl-auf-Stahl-Kontakts in Lagern ist in vielen Schwerindustrien bekannt. Für dessen Lösung hat das Timken Team einen neuen Weg eingeschlagen: Die Lagerrollen sollten weniger „stahlähnlich“ sein als die Lagerringe. „Dazu beschichteten wir die Lagerrollen mit einer extrem dünnen Schicht eines Verbundwerkstoffs, dessen Dicke nur einen Bruchteil eines menschlichen Haares beträgt“, sagt Herr Evans. „Dabei handelt es sich um eine technisch hochentwickelte Kombination eines Keramikmaterials und eines Polymers, oder anders ausgedrückt, eine dünne kunststoffartige Schicht, die mit winzigen Keramikteilchen gefüllt ist.“
Diese von Timken entwickelte und als ES302 bezeichnete Beschichtung ist sowohl hart und verschleißfest wie eine Bohrspitze, aber dennoch gleitfähig und nichthaftend wie eine antihaftbeschichtete Bratpfanne. Der Austausch der Windturbinenlager durch verschleißfeste Pendelrollenlager mit ES302-Beschichtung auf den Rollkörpern hat sich zu einer lukrativen Aftermarketstrategie für das Unternehmen entwickelt.
Die Landwirtschaft ist ein weiterer früher Markt für verschleißfeste Wälzlager in großen landwirtschaftlichen Geräten wie Traktoren und Mähdrescher. Kunden aus der Luft- und Raumfahrt, Papierwerke, Öl- und Gasunternehmen, Bergbauunternehmen und weitere Industriezweige sind ebenfalls Anwender.
Mittlerweile sind Timken Beschichtungen eine Premium-Produktvariante. „Im Prinzip sind alle Ihre bevorzugten Timken Lager mit Beschichtungen lieferbar“, sagt Ryan Evans. „Wenn Sie ein bestimmtes Lager gekauft haben und damit zufrieden sind, sich aber wünschen, dass es bei ungünstigen Schmierungsbedingungen länger hält, können wir die Beschichtung hinzufügen ohne Ihre gesamte Anlage umzukonfigurieren“.
Eine unternehmerische F&E-Denkweise
Ryan Evans blickt gerne auf die Jahre der ES302-Entwicklung zurück. Das Kernteam war eine engverbundene Gruppe, der auch Gary Doll, jetzt Timken Professor für Oberflächentechnik und Direktor des Timken Engineered Surfaces Laboratory an der University of Akron, Jim Gnagy, Spezialist für Produktentwicklung, und Tim Springer, Programmmanager, angehörten. In den Jahren vor dem ES301-Projekt leisteten auch andere in F&E tätige Ingenieure und Analytiker von Timken wertvolle Beiträge zur Entwicklung der verschleißfesten Technologien.
„Wir haben die ganze Welt bereist und mit Kunden über moderne Beschichtungstechnik und verschleißfeste Wälzlager gesprochen“, sagt Ryan Evans. Der direkte Kundenkontakt war dabei entscheidend. Evans führt einen Großteil des Produkt-Erfolgs darauf zurück, dass das Team die Möglichkeit hatte, echte Probleme aufzudecken, Kundenbeziehungen aufzubauen und vor Ort Tests vorzunehmen und Feedback zu Lösungen zu erhalten.
„Während dieser ursprünglichen Anlaufphase ging es tatsächlich um Forschung und Entwicklung direkt bei unseren Kunden, und eine schnelle Entwicklung war dabei wichtig“, sagt er. „Wir schickten ihnen die Prototypteile und warteten dann auf ihre Antwort.“ Es war immer erfreulich, eine E-Mail-Nachricht von einem Kunden zu erhalten, dass ein Teil soeben die 2.000-Stunden-Schwelle überschritten hatte, wenn es vorher nie länger als 200 Stunden gehalten hatte.
Tom Springer, Jim Gnagy und Ryan Evans bei der Annahme des Engineering Materials Achievement Award von ASM International für die Entwicklung von ES302, einer hochentwickelten Beschichtung, die die Nutzungsdauer von Wälzlagern und Getrieben verlängert, ihren Wirkungsgrad erhöht und ihren Verschleiß verhindert.
Tom Springer, Jim Gnagy und Ryan Evans bei der Annahme des Engineering Materials Achievement Award von ASM International für die Entwicklung von ES302, einer hochentwickelten Beschichtung, die die Nutzungsdauer von Wälzlagern und Getrieben verlängert, ihren Wirkungsgrad erhöht und ihren Verschleiß verhindert.
Internationale Anerkennung
Wälzlager sind vielleicht nicht das erste, woran die meisten Menschen zuerst denken, wenn sie über die Technologie nachdenken, die die moderne Zivilisation möglich macht, doch gibt es keine Maschine mit sich drehenden Bauteilen ohne sie. Letztlich sind die Beschichtungen von Timken deshalb erfolgreich, weil sie dazu beitragen, dass Lager zuverlässiger arbeiten.
„Wir installieren ein verschleißfestes Wälzlager mit Beschichtungen vor Ort und hören anschließend nur selten vom Kunden“, sagt Ryan Evans, „außer, dass in den folgenden Jahren Bestellungen für weitere Lager eingehen.
ES302 hat uns Türen geöffnet und unser Wachstum im Bereich Industrielager für anspruchsvolle Anwendungen unterstützt.“
ASM International, der führende Industrieverband im Bereich Materialwissenschaften, hat Timken 2017 seine renommierte Auszeichnung Engineering Materials Achievement Award für den“signifikanten Beitrag im Bereich der Materialwissenschaften und für den Nachweis der industriellen Bedeutung der Beschichtung ES302” Frühere Gewinner dieser jährlichen Auszeichnung, die 1969 ins Leben gerufen wurde, sind u. a. GE, Northrup Grumman, IBM, Boeing und GM.
Last Updated: 2021/06/9
Published: 2018/11/9